Mit dem Wohnmobil durch Asien

Mitte Juli 94 starten wir, 2 Paare, 2 Wohnmobile, 2 Motorräder und 2 Schäferhunde zur grossen GUS-Asien-Tour. Über Dresden und Berlin erreichten wir die Grenze zu Polen. Im Radio wurde oft gesendet: “5 Stunden Wartezeit” aber nach nur 4 Stunden “Pause” überquerten wir den Schlagbaum ohne Probleme und weiter gehts auf guter Straße. Am nächsten Tag fuhren wir über Warschau zur Grenze -Belarus- und dann ging nichts mehr. Diese Grenze ist eine Qual, nicht das Warten (5 Stunden), sondern die Schlepper, die immer wieder KFZ ganz vorne einschleußen, man ist dagegen machtlos. Das funktioniert folgendermaßen: 1 Fahrzeug quetscht sich quer in die kleinste Lücke, ohne Rücksicht auf Verluste (Dellen usw.) und bleibt so stehen, bewegt sich der vordere Teil der Schlange weiter, werden 4 - 6 Fahrzeuge seitlich eingeschleußt. Für diesen “Dienst” wird so ca. DM 50,– kassiert. Der Grenzübergang, Zoll und Polizei ist ohne Probleme, man kann sich durchfragen. Zuerst wird ein Zettel mit KFZ- Daten ausgefüllt, der ab und zu abgestempelt wird, dann Visa-Kontrolle, Devisen deklarieren, die ganze Tätigkeit dauert ca. 30 Minuten - eine oberflächliche Fahrzeugkontrolle und schon ist man in Belarus.

Zu den goldenen Kuppeln

Ca. 18 Km östlich vor Brest befindet sich ein gut ausgeschilderter Campingplatz. Von hier geht es auf guten und leeren Straßen über Minsk zur Grenze der russichen Föderation. Diese Grenz-Station wird gerade ausgebaut und ist dadurch in kurzer Zeit überschritten. Auf dem Campingplatz in Smolensk treffen wir eine Gruppe, die eine geführte Tour (mit Führer und Sicherheitspersonal) durchführt. Von dem Führer bekommen wir eine Skizze und Anfahrtsbeschreibung für den Campingplatz in Moskau, die, wie sich später herausstellt, sehr wichtig ist, da wir den Platz sonst nicht gefunden hätten.

Ab 100 Km vor Moskau wird die Straße schlechter und der Verkehr immer dichter. Man kann jetzt in diesem Abschnitt Obst - Gemüse - Eier - Fleisch , alles an der Straße kaufen, zu ähnlichen Preisen wie bei uns in Deutschland. Uns ist schleierhaft, wie die Russen diese Preise bezahlen können. Die Hälfte der Bevölkerung ist (da Wochenende)beim Pilzesuchen und es werden jede Menge in 10-Liter-Eimern billigst an der Straße verkauft. Sie schmecken herrlich!

In Moskau beim Hotel “Solsetschsy” können wir am angeschlossenen Campingplatz ordentlich und sicher stehen. Am nächsten Tag wird Moskau auf eigene Faust erkundet, das geht auch ohne Sprachkenntnisse, die russische Schrift sollte man aber in etwa lesen können. Mit Stadt- und Metro- Plan (die in den meisten Moskau-Führern enthalten sind) zogen wir los.

Ein paar Stationen mit dem Bus, umsteigen in die Metro, 2 mal die Metro-Etage wechseln und mit viel fragen, steht man am Roten Platz. Die Besichtigung der Kirchen, Kathedralen, Lenin-Mausoleum, Kaufhaus Gum sowie des Kremel wird unter Führung eines ehemaligen Professors, der sich jetzt als Führer verdingen muß, gemacht. Am nächsten Tag nehmen wir an einer organisierten (Intourist) Stadtrundfahrt teil, denn nur im Bus kannn man im Chaos des Moskauer Verkehrs entspannt die Sehenswürdigkeiten, wie Lenin-Hügel, Universität, Stadien der Olymp. Spiele 198o, Weisses Haus, Boljoi-Theater usw. erreichen und besichtigen. Nach 4 Tagen Moskau fuhren wir über den äußeren Ring bis zur Ausfahrt der Staatsstrasse -M 7-. Es ist alles gut ausgeschildert, aber ab jetzt nur noch in kyrillischer Schrift. Stellplätze für die Nacht sind nun leicht zu finden, seitlich von der Straße runter und soweit ins Gelände, bis man nicht mehr gesehen werden kann. Unsere beiden Hunde schlafen draußen und so haben wir die Sicherheit, daß wir frühzeitig geweckt werden, sollte sich jemand unserem Fahrzeug nähern (was aber auf der ganzen Tour nur 1 mal vorgekommen ist).

Über große Weiten

Durch Novogorod (ehemals Gorki) geht es bis ca. 5o Km westlich Kasan, wir stehen an der Wolga, aber nicht vor einer Brücke, wie aus der Karte zu lesen ist, sondern in einer riesigen Schlange von LKWs vor einer “Fähre” sie sieht aus, als wäre sie während der Oktober -Revolution in Dienst gestellt worden. Kaum vergehen 5 Stunden, schon dürfen wir übersetzen. Die Bewohner des kleinen Dorfes an der Wolga-Fähre haben die Marktwirtschaft entdeckt und versorgen die LKW-Fahrer mit selbst produzierten Lebensmitteln. Sonst ist das Einkaufen der Verpflegung in Dörfern meist unmöglich, da hier alle Selbstversorger sind. In kleinen Städten gibt es auf sog. “Russen-Märkten” alles nötige, von gebrauchten Lada-Ersatzteilen bis zum Obst und Gemüse. Uns fallen immer wieder die hohen Preise für Obst und Gemüse auf.

Zwischen Kasan und Ufa wird die Straße schlecher, das Wetter leider auch und es ist schwierig, einen Übernachtungs- Platz zu finden, da alles im Schlamm versinkt. So fahren wir in ein kleines Dorf und finden am Ende eine nicht fertiggestellten Kolchose mit einem großen betonierten Platz. Kurze Zeit später kommt Pawlow, der mit seiner Frau Dunja der Verwalter dieser “Bauruine” ist. Bei bayerischem Bier und einer Brotzeit sind wir bald eine lustige Runde und dann zeigt Pawlow uns sein “Reich”, 8 Kühe und Kälber und etwa 5o Gänse. Die schönste Gans sucht er als Geschenk für uns aus und meint, sie hätte leicht noch, als lebende Frischverpflegung, auf unserem Dachgepäckträger platz.

Wir redeten ihm diese Transportmöglichkeit aus und bekamen am nächsten Morgen eine frischgeschlachtete, zum braten hergerichtete Gans, die wir zerlegt in die Kühltruhe gaben. Es hatte nun zu regnen aufgehört, aber die “Erdstrasse” M 7 war noch weich und tief. Nach ein paar Kilometern standen wir vor einem total verschlammten Anstieg, sahen einige LKW quer stehen, aber dann doch wieder irgendwie weiterfahren und so beschlossen wir, es anzugehen. der 5o8 voran, der Allrad 1117 als Sicherheit hinten nach.

Unser 508 kam mit zweimal hängenbleiben geradeso auf die Kuppe, da hörte ich von meinem Freund über Funk, daß er seitlich abgerutscht und kurz vor dem Umkippen ist. Aber Hilfe ist nicht weit, dachte ich, denn auf der Kuppe standen 2 Traktoren und 1 Raupe. Die Fahrer dieser Geräte saßen im angrenzenden Wald, also nichts wie hin und unsere Lage klargemacht.

Die Mannschaft hatte vermutlich gerade einen LKW hochgezogen und vernichtete den Lohn der Arbeit, 1 Flasche Wodka. Ich mußte mich dazusetzen und bekam ein großes Wasserglas voll Schnaps, vorher geht gar nichts, meinten sie, und so trank ich, doch recht ungewohnt, um 8.3o Uhr früh, das Wasserglas voll Wodka. Aber dann gings los mit der Bergung. Der Fahrer der Raupe (ca. 2 Promille) hatte den Fall in 3o Minuten gelöst. Gut daß ein 1117 LKW sehr robust ist. Die Bezahlung, 1 Flasche Wodka, wurde wieder mit in den Wald genommen - glücklicherweise sind wir nicht erst gegen 15.oo Uhr hängengeblieben!

In Ufa, eine große und moderne Stadt, kommt man auf die M5, größer ausgebaut, aber schon ziemlich ranponiert. Bald erreichen wir die Ausläufer des Ural, es ist fast wie zuhause in Oberbayern. Das schöne Mittelgebirge (bis 1.895 m hoch) mit herrlichen grünen Tälern und viel Wald fasziniert uns. Nach Überschreiten des Ural, in Jelabinsk, befinden wir uns in Sibirien. Da es vermutlich einige Tage vorher sehr geregnet hat, ist die Fahrt durch die Stadt eine Katastrophe. Fehlende Kanaldeckel, jetzt zum Teil unter Wasser, Wasserstand an einigen Kreuzungen bis zu 1/2 Meter, Schlaglöcher, “in die man Kleinwagen stellen kann”, erschweren die Durchfahrt ungemein.

Über Kurgan nach Omsk trifft einen die unglaubliche Weite fast wie ein Schlag. Man fährt stundenlang an Sümpfen, Birkenwäldern, Seen und kilometerlangen, unüberschaubar großen Getreide-, Sonnenblumen- und Maisfeldern entlang. Mir ist nicht klar, wie diese “Schätze” und sonstige produzierte Waren weitertransportiert werden, es ist fast kein Verkehr (einzige grosse Verbindungsstraße West/Ost) man sieht keinen LKW mit entsprechenden Ladungen. Die Fabriken rund um die Städte sind größtenteils geschlossen. Es hat den Anschein, daß keinerlei Produktion stattfindet.

Die Kolchosen sehen verfallen aus und aussen herum ist jede Menge Schrott. Bei einer Übernachtung in einer Kolchose wird unsere Vermutung bestätigt. Ein Rußland- Deutscher, dort angestellt, erzählt, von ca. 25 LKWs können noch 2 fahren. Er hat seit 11 Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Die Gebäude sehen verwahrlost aus, es ist unvorstellbar.

In Omsk stehen wir am Fluß Irtys und verbringen dort einige herrliche Ruhetage. Östlich von Omsk geht die M 51 auf ca. 350 km in eine Erd- und Schotterstraße in sehr schlechtem Zustand über (7 Stunden Fahrt = 180 km). Die Moskitoplage hat in Sibirien den Hö:chststand erreicht, ab Dämmerung fallen unglaubliche Mengen dieser Plagegeister über uns Mitteleuropäer her, es ist nur noch neben dem Lagerfeuer auszuhalten.

Eine junge Stadt

Nach anstrengendem Pisten-Gerappel erreichen wir Novosibirsk (Neusibirien), 6.000 km von Garmisch-Partenkirchen entfernt. Novosibirsk ist eine junge und moderne Stadt in Zentral-Sibirien, die erst 1993 ihr 1oo-jähriges Bestehen feierte. Hier übernachten wir auf einem bewachten (bewaffnete Sicherheitsposten) Parkplatz, direkt vor dem Hotel “Sibir”. Nun kommen die Motorräder zum Einsatz, denn eine Stadtbesichtigung mit den wendigen Zwei-Rädern ist mit nichts anderem zu vergleichen. In Novosibirsk ist die Versorgung einfach, von der Markthalle über Kaufhäuser (die sogar gut bestückt sind) bis zu den “Russen-Märkten” ist alles vorhanden und wir können uns wieder einmal voll eindecken.

Wie die meisten grossen Städte in Russland, ist auch Novosibirsk sehr grosszügig angelegt. Breite, mehrspurige Straßen, große Plätze, viele Parks mit Grünflächen sowie Metro- und Busverbindungen in alle Richtungen. Was uns immer fasziniert hat, sind die Fußgängeruntertunnelungen, man muß keine Straßenkreuzungen überqueren, es geht immer irgendwo problemlos unten durch. Einige Tage verbringen wir in der Stadt, dann fahren wir zum Ob-Stausee (ca. 15o km lang und bis zu 2o km breit). Über kleine Dörfer und Straßen erreichen wir den See und finden einen herrlichen Standplatz. Hier halten wir es gut ein paar Tage mit baden (Wasser 22 Grad - Luft 28 Grad), relaxen, kleinen Reparaturen am Auto, sowie Motorrad-Erkundungsfahrten in die nähere Umgebung, aus.

Auch in dieser Einsamkeit können wir mit zuhause Verbindung halten, denn unser Freund hatte kurz vor Beginn unserer Tour ein Sateliten-Telefon und Fax gekauft. Bei diesen Geräten konnte eigentlich nur das Fax nicht ganz überzeugen, es stellten sich zu viele Fehler ein. Das Telefon ist fantastisch, einfach in der Handhabung und Bedienung, aber sehr teuer.

Mit einer in der Nähe wohnenden Familie hatten wir viel Kontakt und waren wiederum von der Gastfreundschaft dieser Leute überwältigt. Einige Tage später mussten wir uns von der Idylle losreißen und auf der M 52 in Richtung Süden bis Barnaul, dann die A 349 bis Veselojask weiterfahren. Kurz vor der Grenze zu Kasachstan ist großer Markt, denn die Kasachen kommen hierher und verkaufen ihre Waren in der Russ. Föderation wesentlich teuerer, als in ihrem Land. Da können wir gut unsere letzten Rubel unter die Leute bringen. Vor dieser Grenzstadt kamen wir an einer Gasstation vorbei und konnten ohne Probleme unsere Flaschen füllen lassen, auch eine Füllung der Gastanks wäre möglich gewesen.

Die grosse Steppe

Jetzt geht es weiter zur Grenze (auch diese wird erst ausgebaut). Der Zöllner der Russ. Föderation schaut kurz in den Paß und fertig, der kasachische Zoll will in Auto sehen. Wir waren ihm wohl nicht ganz geheuer. Touristen mit ausgebauten Wohnfahrzeugen hat er bestimmt noch nie gesehen. Offiziell Geld wechseln, jetzt gibt es den "Tonga" als Währung, ist auch in einer so grossen Stadt wie Semipalatinsk schlicht unmöglich, so tauschen wir bei einem Busfahrer die nötigen Tongas recht günstig ein.

In Kasachstan ist der Sprit etwas teuerer, die Straßen noch leerer und die Tankstellen trockener als in der Russ. Föderation. Es ist eigenartig, man fährt von Norden kommend durch Hügel mit Kiefernwäldchen nach Semipalatinsk hinein und bereits südlich der Stadt verändert sich das Gelände schlagartig in Steppe mit heißen Winden, nachts nur noch um 5 Grad. Kasachstan ist ganz anders, als die Russen und der nördliche Teil von Sibirien. Die Menschen haben alle einen asiatischen Einschlag. Überhaupt sind viele Pferde und Reiter in diesem, im Sommer sehr heißen und staubigen Land, unterwegs. Man sieht grosse Schafherden, die von Reitern gehütet werden.

Wir fahren die A 35o weiter nach Süden. Es wird jetzt immer heißer, die Temperaturen gehen über 3o Grad, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 26 %, d.h. richtiges Wüstenklima. Ab Semipalatinsk (in der Nähe wurden in den 5oer und 6oer Jahren viele Atomversuche durchgeführt) setzen wir verstärkt unser Strahlenspür- und Verstrahlungs-Meßgerät ein. Einige geschenkte Fische sowie Obst und Gemüse haben sehr hohe Bequarell-Werte und werden somit ausgesondert. Wasser wird aus dieser Gegend nicht in die Tanks gegeben, erst vor Alma-Ata normalisieren sich die Werte wieder.

Auch in Kasachstan finden sich an Flüssen und kleinen Seen herrlich Plätze zum Übernachten und zum Stehen für einige Tage. Die Bevölkerung, dabei viele Russen und Rußland-Deutsche, ist sehr aufgeschlossen und gastfreundlich. 8o km vor Alma-Ata bleiben wir für einige Tage an einem riesigen Stausee, hier sind viele Einheimische aus Alma-Ata, die fürs Wochenende mit ihrem Zelt am See stehen, baden und fischen. So kommen wir mit einigen Rußland-Deutschen ins Gespräch und hören nun wieder aus erster Hand von den Problemen des Landes und der Minderheiten (Deutsche - Russen) in Kasachstan, die hier wirklich ein schweres Leben haben. Es ist für alle unvorstellbar, daß man so wie wir, wochenlang durch ihr Land fahren will, so sie doch alle nur raus und möglichst nach Deutschland wollen.

Nach schönen Badetagen fahren wir nach Alma-Ata, die Hauptstadt Kasachstans. Alma-Ata oder “Almaty”, wie die Kasachen sagen, gehört für mich zu den schönsten Städten auf unserer Tour. Auf einem Bergplateau, dem Tienschan 9oo m hoch gelegen, mit vielen Parks und Gärten, modernen Bauten und ringsum die Stadt-Obstplantagen, einfach herrlich. Zuerst gehts zur Deutschen Botschaft, die, sehr europäisch, gemeinsam mit den Franzosen und Engländern , sich das Gebäude teilt. Man ist hier sehr zuvorkommend und hilfsbereit (das muss auch mal gesagt werden).

Am Hotel “Kasachstan”, ein sehr schöner aber riesiger Klotz, mitten in der Stadt, an einem Park, stehen wir sehr gut auf einem bewachten Parkplatz und können beruhigt die Stadt erkunden. Die Motorräder laufen nicht besonders gut und stinken fürchterlich, da wir ihnen nur 76 Oktan-Benzin geben können. Die Tage vergehen mit einkaufen und Besichtigungen wie im Flug, man könnte noch lange in dieser schönen und interessanten Stadt bleiben. Es geht weiter zum Höhensport-Zentrum für Eisschnellauf (ca. 2ooo m), das sehr schön in den Bergen, ca. 5o km von Alma-Ata, liegt und über gute Straßen erreichbar, aber selbst ungepflegt und verlottert ist. Zurück aus den Bergen fahren wir auf der M 39 nach Süd-Westen, wir wollen nach Kirgistan.

Gebirgsstaat

Die Grenze ist wieder ohne Probleme, nur der kirgisische Zöllner bemängelt, daß die Hauptstadt seines Landes "Biskek" nicht auf unserem Visa steht. Wir erklären ihm, daß wir mehr oder weniger im Transit durch sein Land fahren und zeigen ihm das "China-Visum". Das war dann o.k. und weiter gings nach Biskek, eine etwas ländliche Stadt, noch ohne Flair. Auch hier in Kirgistan kann man ohne Probleme reisen, ein sehr gebirgiges und herbes, aber schönes Land. In den Bergen begegnet man grossen Pferdeherden und vielen Reitern. Vorbei am Issyk-Kul-See gehts über Pässe bis zu 3.ooo m, Richtung Naryn, die letzte Ortschaft vor der chinesischen Grenze. Kurz davor hatten wir den ersten Plattfuß auf unserer bisherigen Tour. In Naryn wird noch getankt und die letzten Kirgistan-Rubel umgesetzt. Als wir dann zurück zu unseren Fahrzeugen gingen, sahen wir, wie Jugendliche versuchten, ein Fahrrad von unseren Autos zu klauen. Mit viel Geschrei stürzen wir auf sie los und der Fall war geklärt. Das war das einzige Mal, daß versucht wurde, etwas von unseren Fahrzeugen zu stehlen!

Bei herrlichem Wetter fahren wir bis auf 2.5oo m hoch und bleiben in grandioser Bergwelt für die Nacht. Am nächsten Tag fing es zu regnen an, auf 2.8oo m schneite es bereits und 11o km vor der Grenze verabschiedete sich das Teerband. Es geht auf Schotter und Schnee weiter und wir haben Angst, daß wir den Turngurt-Grenzpaß auf 3.7oo m nicht mehr hochkommen und fahren durch. Oben angekommen, besserte sich das Wetter.

Über 3 Stunden warteten wir an der kirgisischen Grenze, hatten schon einige Stempel eingeholt, dann heißt es, die Zollstation ist für heute geschlossen. Bei klarer Nacht und -1o Grad sind wir froh um unsere Heizung. Früh gehts wieder zum Zoll, vorher wollten sie uns noch gegen Cholera impfen, aber der in Deutschland durchgeführte Eintrag im Impfbuch ersparte uns das. So gegen 11 Uhr fahren wir durch das Tor in den Osten - nach C h i n a.

Im Land des Drachen

Voll großer Erwartungen und ziemlich stolz, daß wir die Strecke genau in der Zeit (9000 km unbekanntes Terrain) geschafft hatten, denn unsere gesamten Einreiseunterlagen sind auf den heutigen Tag (7.9.1994) fest fixiert. So treffen wir beim ersten Grenzposten am großen Tor ein. Doch bereis hier bekommen wir den ersten Dämpfer, der Armee-Posten kann mit Touristen aus Europa, mit eigenen Fahrzeugen, nichts anfangen und die englische Sprache ist noch nicht bis an diese Grenze vorgedrungen.

Der Posten, sehr arrogant, will uns schlicht wieder zurück nach Kirgistan schicken, denn ein von uns mitgeführtes Schreiben in chinesischen Schriftzeichen, enthält die falsche Reiseroute. Danach sollten wir über Pakistan ein und hier an dieser Grenze ausreisen. Nach einstündigem Palaver überredeten wir den Soldaten, doch bei seiner vorgesetzten Dienststelle, die von hier aus gut zu sehen ist (2 km entfernt, 3oo m tiefer) anzurufen und Informationen einzuholen.

Nun bekommen wir die Genehmigung zur Grenzabfertigungsstelle zu fahren. Die Straße dorthin besteht aus “Baustellen-Wegen”, denn auch dieser Übergang wird ausgebaut. An der Grenze steht zuerst wieder die Armee, es ist gerade Pause, dann müssen wir die Pässe abgeben und ein paar Zettel ausfüllen. Jetzt sind die Öffnungszeiten wieder beendet und uns wird gesagt, “der Führer ist nicht da”, wir sollen in einen nebenan liegenden Kral, groß umzäunt, fahren und warten. Wir sind mittlerweile sehr frustriert, es ist wie verhext, ab Grenze Kirgistan klappt nichts mehr.

Gegen Abend rufen wir in Deutschland bei dem Büro, wo wir unseren “Führer” gebucht haben an, um zu erfahren, was los ist. Nun wird auch von dieser Stelle aus über Peking versucht, uns zu helfen.

In unsere abgezäunte “Arena” kommen viele Soldaten, die die Europäer mit ihren Autos, sowie den großen weißen Hund, anschauen und fotografieren wollen. Leider hilft uns das auch nicht weiter. Nach wiederum sehr kalter Nacht (-10 Grad) und in grosser Höhe (3.700 m) stellen sich die ersten Anzeichen von Höhenkrankheit (Kopfschmerzen, Schlappheit, schlechter Schlaf, Atemschwierigkeiten usw.) ein.

Schon früh versuchen wir wieder alles um unsere prekäre Lage zu beenden, Telefonate und Fax nach Deutschland, sowie zur verantwortlichen Stelle nach Peking, aber immer die gleiche Antwort, alles läuft wie geplant. Wieder sind wir unterwegs zum Armee-Posten und versuchen auch im Grenzdorf jemanden zu finden, der uns weiterhelfen kann, leider ohne Erfolg. Gegen 15.oo Uhr wollen wir den Chef der Armee-Einheit sprechen, was bei deren Arroganz nicht einfach ist. Da spricht uns vor dem Gebäude ein Chinese an:“you are from Germany?” Ein Stein fällt uns vom Herzen, wir haben unseren Führer Akim nach 1 1/2 Tagen Wartezeit endlich gefunden.

Er wartete schon 2 Tage im Grenzort und der Zoll sagte ihm immer, es sind keine Touristen mit Auto hier. Na ja, was solls, jetzt gehts richtig los. Wir bekommen von der Armee unsere Pässe zurück, nach kurzer Kontrolle der Fahrzeuge gehts zum Zoll und gleich darauf weiter zum Veterenär, der die Hunde anschaut und das Impfzeugnis abstempelt. Hier wird auch das Auto unten herum mit einer tragbaren Pumpspritze “desinfiziert”. Nun werden die chinesischen Nummernschilder montiert, der chin. Führer- und Kfz-Schein in Empfang genommen und wir können fahren.

Es ist unvorstellbar, welchen bürokratischen Aufwand die Chinesen treiben (unser Führer hatte einen Aktenkoffer voll Papiere) um 2 Privatfahrzeuge ihre Grenze passieren zu lassen. Wenn man die Grenzübertritte in den GUS-Staaten (Russ. Föderation - Kasachstan - Kirgistan) und dort kommen auch nur alle heiligen Zeiten Touristen vorbei, mit denen in China vergleicht, kommt man zu dem Schluß, daß Touristen mit eigenem KFZ im “Land des Drachen” nicht unbedingt gerne gesehen sind.

Wir nehmen die Paßabfahrt in Richtung Kashgar unter die Räder, was nicht ganz einfach ist, denn es geht auf schlechtesten Wegen, “Flußbettabwärts”. Bald wird es dunkel und ein Übernachtungsplatz in der Nähe eines Dorfes ist schnell gefunden. Am nächsten Tag quälen wir uns weiter. Mit unserem Mercedes 508 sitzen wir oft auf, müssen Umfahrungen suchen und hoffen, daß unser Wohnmobil nicht zu stark beschädigt wird. Denn durch die vorangegangenen schlechten Wegstrecken sind unsere Federpackete hinten lahm und das Chassie sitzt bereits auf den Gummianschlägen auf.

Für die 150 km von der Grenze nach Kashgar brauchen wir 8 Stunden, obwohl die letzten 50 km sehr gut sind. Auf dem Weg sind bei Ortschaften immer “Armee-Check-Post” mit Schranken eingerichtet, die den Verkehr kontrollieren. Hier kommt unser Führer mit seiner Unmenge von Papieren zum Einsatz. Orts- sowie Straßenhinweisschilder sind nur in chinesischen Schriftzeichen und somit für uns unlesbar.

Am Nachmittag kommen wir nach Kashgar, eine sehr bekannte und auch touristisch erschlossene Provinzhauptstadt des “Uigurischen autonomen Gebiets, Xingjang”. Akim lotst uns zum Kashgar-Hotel, eine sehr schöne große und gepflegte Anlage mit üppigem Parkplatz. Hier können wir mit unseren Wohnmobilen gut stehen. Unseren Führer bringen wir im Hotel unter.

Da wir unsere paar Tage in China voll nutzen wollen, geht es kurze Zeit später zum Grabmal der kaiserlichen Konkubine, Xiangfei, die 1788 dort bestattet wurde. Die in einem Vorort von Kashgar stehende Anlage ist ein “muß” für jeden Touristen. Weiter gehts mit der Tonga (Pferdewagen) ins Stadtzentrum und zur Besichtigung der Id-kah-Moschee, mit einer Fläche von 16.ooo qm ist sie die größte Moschee und islamisches Zentrum in Xingjang. China hat übrigens eine “Minderheit” von 100 Millionen Moslems.

Im Stadtzentrum von Kashgar ist was geboten. Hier wird wieder gehandelt und verkauft in kleinen Bazaren, großen Läden und sogar Kaufhäusern ist ein riesiges Angebot an Waren. Nach der tristen und geringen Auswahl in den GUS-Staaten, lacht das konsumverwöhnte Europäerherz wieder. Man kann sagen, daß in Kashgar Waren aus der ganzen Welt vorhanden sind, es gibt einfach alles zu für Touristen , günstigen Preisen.

Am Abend gehen wir in einem der 3 Restaurants des Hotels sehr gut chinesisch essen. Es wird auf runden Tischen, in deren Mitte eine drehbare Platte montiert ist, serviert, dadurch kommt jeder an die vielen kleinen Schüsseln mit den herrlichen Speisen. In der Bar lassen wir den Tag geruhsam ausklingen.

Am Tag darauf fahren wir früh durch die Stadt. Tanken, sagt Akim, soll man wegen des Preises nicht an den regulären Tankstellen, sondern am Straßenrand bei einem der vielen Spritverkäufer, aus Tonnen. So ein Tankstopp ist ein Erlebnis und DM -,45 pro Liter auch zu verkraften. Bei dieser lustigen Betankung geben wir auch unseren 2. Ersatzreifen zur Reparatur. Die Reifenwerkstatt sieht sehr abenteuerlich aus, aber der Chef meint, kein Problem, bis wir wieder zurückkommen, wäre auch unser Reifen geflickt. Unser Ausflug führt uns gute 1oo km nach Südosten in, bzw. an den Rand der Taklamakan-Wüste. Nach ein paar ruhig verbrachten Stunden in herrlichem Wüstengelände fahren wir wieder nach Kashgar zurück.

Am Abend werden wir von einem Hobby der Chinesen beglückt. Es wird ein Videoband eines bekannten Sängers aufgelegt, das nur die musikalische Begleitung und den Text im Bildschirm wiedergibt, hierzu wird schmachtend und hinreißend gesungen.

Heute ist Sonntag und somit der wichtigste Tag der Woche in Kashgar (Sonntagmarkt). Das Bazah (Bazar) in Kashi ist der größte Wochenmarkt Xingjangs. Heute kommen Leute aus allen Himmelsrichtungen zum Markt. Auf der Straße aus den Vororten reißt der Vekehr nicht ab. Bauern kommen schon am frühen Morgen auf Eseln in die Stadt. Die Einwohner bummeln mit festlicher Kleidung über den Markt, auf dem die verschiedensten Spezialitäten, kunsthandwerkliche Produkte, Gemüse, Fleisch, Früchte, Stoffe, Bekleidung, Gewürze usw. feilgeboten werden. Es herrscht eine fröhliche Athmosphäre und ein reges geschäftliches Treiben mit unvorstellbar vielen Leuten. Am Nachmittag fahren wir müde und mit Eindrücken vollgestopft auf einem “Esel-Taxi” zum Auto zurück.

Leider ist unsere Zeit begrenzt, wir müssen Kashgar verlassen und weiterfahren in Richtung Pakistan. Früh gehts durch das noch ruhige Kashi und anschließend wüstenähnlichem Gelände in die Bergwelt. Über grandiose Bergstraßen, unter Umrundung von zwei 7.000-ern, sowie über einen Paß von 4.500 m fahren wir immer nach Süden zum Karakorum.

In Taxorgan, nunmehr auf 3.000 m Höhe, liegt die Grenzabfertigung, aber der Zoll hat gerade zugemacht und so bleibt uns nichts anderes übrig, als außerhalb des Ortes einen Platz für die Nacht zu suchen, was kein Problem darstellt. Bereits um 9.00 Uhr früh stehen wir wieder am Zoll aber die Ausreise zieht sich durch den Papierkram über 3 Stunden hin. Zum Schluß müssen wir noch 36 US-Dollar “Straßengebühr” zahlen. Akim verabschiedet sich hier und wir ziehen weiter.

Auf guter Straße steigen wir langsam immmer höher. Noch auf 4.000 m gibt es kleine Bauernhöfe, die Tiere halten (Schafe, Yaks, Kamele, Rinder und Ziegen). Unseren Spaß haben wir mit den vielen Murmeltieren am Wegrand. Am Späten Nachmittag erreichen wir den Kunjerab-Paß 4.700 m im Karakorum, zugleich Grenze zwischen China und Pakistan.

Nun gehts auf zum Teil sehr schlechten Straßen den Karakorum Highway bis nach Sust, dem pakistanischen Grenzabfertigungsort. Entlang des Karakorum Highway bleiben wir einige Zeit um mit unseren Motorrädern die hochalpinen Jeep-Roads (Wege in die Seitentäler) im Hunza-Tal, in Gilgit, sowie südlich davon zu befahren.

Über Islamabad und Quetta erreichen wir den Iran.Mit einer herrlichen Besichtigungstour über Bam, Shiraz, Persepolis, Isfahan und Teheran gehts durch die Türkei und Griechenland nach Hause. Nach 4 Monaten und 20.000 km erreichen wir gesund und ohne Unfall Deutschland.